20141030

20141029

Dunkelblau

Massen an Schülern am Korridor. Kinder, Jugendliche, halb Erwachsene. Alle in Dunkelblau gekleidet. Manchmal, gnädigerweise, ein bisschen weiß, die Sohlen der Schuhe oder der weiß aufgestickte Schulschriftzug. Ansonsten - Dunkelblau. Hässliches, erstickendes dunkelblau. Vielleicht wüssten die anderen besser, wer ich bin, ohne dieser unterdrückenden Farbe. Oder wenigstens, wer ich denke, zu sein. Aber alles ist dunkelblau. Und ich kann weder von mir noch von den anderen Personen um mich sehen, außer den dumpen Uniformen, die alle Individuen zu einer zähen Masse schmelzen lässt.

In den ersten Wochen fand ich es okay. Die Hosen waren bequem, die Pullover warm und in einem schönen dunkelblau. Außerdem fiel ich in der einfärbigen Masse nicht weiter auf, nur die Leute, die mich sprechen hörten, konnten es erkennen, und ich fühlte mich wohler, ein Teil von einem großen ganzen wir-alle-haben-was-gemeinsam-WIR-das-riesige-dunkelblaue-schuluniform-tragetum. 

Mittlerweile ist das riesige, reiche, dunkelblaue Uniformtragetum für mich zu einem einschränkenden, individualitätsunterdrückenden, dunkelblauen Uniformtragetum geworden. Ich fühle mich generell anders als die Masse, wie warscheinlich jeder lebende Mensch. Alles an mir ist normal, verwechselbar. Durch Kleidung könnte ich mich absondern, wenn ich dürfte. Dieses Mainstreamgefühl 'ich-bin-ja-so-anders-als-ihr-alle' raushängen lassen.

Traurigerweise ist es ein Mainstreamgefühl. Denn, wir alle sind anders. Genau deshalb auch wieder gleich. Und trotzdem will jeder von uns dunkelblauen, in der Welt herumirrenden, unverwechselbar sein. Ein Unikat, das herraussticht, auf seine eigene Weise, die man nicht vergisst.

Manchmal denke ich wirklich, dass ich einzigartig bin und anders. Und manchmal glaube ich, ich versuche, mich abzuheben und bin deshalb wie jeder. 
Vielleicht bin ich wie jeder.
Hier bin ich wie jeder.
Denn, wenn ich ich mich umsehe, dann erblicke ich nur dunkelblau. Dunkelblau an allen anderen, Dunkelblau an mir.

Ich sehne mich nach mehr extravaganz.

20141026

Sonntagfrühnachmittags

Am Frühstückstisch.

Drang zu schlafen: Ist zur Zeit nicht so stark. Ich habe diese Nacht so viel geschlafen, dass meine Augenringe, die gewöhnlicherweise wie ein Veilchen nach einer erfrischenden Keilerei aussehen, sogar wieder ein bisschen wie normale Haut wirken.

Drang zu essen: Verspüre ich auch nicht wirklich, ich habe gerade erst gefrühstückt. Selbstgemachtes BROT MIT RINDE!! rinde
 
Eine kleine Information am rechten Rande:

Rinde ist gerade zum 'seltsamstes Wort des Tages'
gekürt worden. Es ist ja echt eines der
seltsamsten Wörter überhaupt, oder?!?
Ich mein, 'RINDE'!!


Mein Gastvater hat es gestern selbst gebacken und ehrlich, Rinde ist das köstlichste, das ein Bäcker aus seiner Backkunst hervorbringen kann (und mein Gastvater IST nicht einmal Bäcker). Rinde ist die glorreichste Idee der Weltgeschichte. Ich liebe Rinde.

Drang zu weinen: Echt nicht vorhanden.

Drang zu lachen: Ist sehr viel eher da. (Ist das ein deutscher Satz, 'sehr viel eher' ?!? Seit ein paar Tagen fällt es mir echt schwer, deutsch richtig zu sprechen, keinen Dialekt hineinzumischen oder Synonyme für manche wörter zu finden..)

Ich höre gerade: Das Lied des Tages.  In Bloom - Nirvana.

Heute sind Stichwahlen hier in Brasilien. Ich weiß nicht, was ich erhoffen soll. Das gute daran ist, dass die Stichwahl endlich das Ende der Wahlwerbung besiegeln. Bis jetzt gab es zwei Stunden täglich im Fernsehen, in denen ohne Pause Wahlwerbung ausgestrahlt wurde.. Jeder Kandidat hat ein eigenes LIED, das fröhlich verkündet, wie wunderbahr die Welt werden wird, wenn einen die lieben Wähler doch nur BITTE wählen würden. Im grunde ein bisschen wie die HC-Lieder. Nur dass die Kandidaten nicht rappen (Worüber ich ernsthaft glücklich bin!!). Aber ich hab trotzdem seit Tagen einen Ohrwurm des Santori-Liedes und bin froh, wenn ich es nimmer hören muss!!

Gestern verteilte ich Rosen im Parkao, einem halbwegs großen Park hier in Porto Alegre. Ein paar Leute von ROTARACT (Inklusive Al und mir) veranstalteten eine Aktion zur Erinnerung an Brustkrebs und verteilten im Namen des 'Rosa Oktober' Blumen an alle weiblichen Parkbesicher. Vielleicht war das Datum ein bisschen ungünstig, da die hälfte der Parkbesucher aus Wahlwerbungverteilern bestand. Die freuten sich eh voll über unsere Rosen, aber die andere hälfte vermutete meißtens Wahlwerbung in unseren Blumen und wir mussten immer ewig erklären, dass es uns egal sei, wenn die jeweilige Person PT wählen würde, und ob sie schon mal was von Brustkrebs gehört hätte und nein, die Blume koste nichts. Aber es war echt lustig und das Wetter war schön und viele Leute freuten sich echt voll über die rote Rose, die wir ihnen in die Hand drückten. 
Morgen ist wieder Schule und das ist irgendwie okay, nur das alltägliche Aufstehen um 6 könnte mehr Spaß machen, wäre es ein BISSCHEN später. Aber Schule ist eigentlich nicht tragisch, ich muss eh nichts machen und lese, rede oder schreibe die meißte Zeit. 

Ich bin jetzt bald zu zweiten mal mit "Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand" fertig. Das lesen des ersten males zog sich über zwei Jahre und ich glaube, diese ständigen Unterbrechungen des Leseflusses machten das Buch nicht gerade witziger. Das gute ist, dass ich es damals aber trotzdem witzig fänd, und jetzt ist es zum abkeksen komisch. 

Hier sollten eigentlich noch irgendwelche unbedeutenden Schlussworte zur Beendung dieses Eintrags hinzukommen, aber da sie ohnehin überflüssig wären, verzichte ich ohne Entschuldigung auf ihre anfügung.